Verwaltungsstrukturen
Verwaltungsstrukturen
Entwicklung von Standards
Personalbedarfsermittlung
Budgetierung
„Nach der Reform ist vor der Reform“ - Kirchliche Verwaltungseinheiten
sehen sich seit geraumer Zeit mit einer immensen Dynamisierung der Anforderungen
bei der Aufgabenerledigung konfrontiert. Jedes klassische Arbeitsgebiet diversifiziert
sich dabei in immer stärker und schneller in Breite und Tiefe, neue
Aufgabengebiete kommen hinzu, Aufgabenteilung und weitere Spezialisierung
bei den Mitarbeitenden ist eine Konsequenz. Zugleich ist die „Halbwertzeit“ der
Gültigkeit von Regelungen und Novellierungen im Vergleich zu der Zeit
vor beispielsweise zehn oder fünfzehn Jahren deutlich verkürzt.
Die Leitungen der Verwaltungseinheiten sind gezwungen, dieser Dynamik durch
häufigere Anpassungen in Aufbau- und Ablauforganisation sowie der Prozessgestaltung
zu folgen.
In der Vorlage de an die Landessynode 2009 (Drucksache 27) zum Thema
„Personalplanung und Personalentwicklung“ wird beschrieben: „Zu
den klassischen Aufgaben kirchlicher Verwaltung sind zusätzlich neue Aufgaben
getreten: Drittmittel-Akquise in großem Rahmen, Trägerschaft von
verschiedenen Einrichtungen, Projekten und Aktivitäten in Kooperationen
bzw. in Trägerverbünden mit nicht-kirchlichen Trägern, Unterstützung
der Leitungen in Gemeinden und Kirchenkreisen beim Qualitätsmanagement,
Neues Kirchliches Finanzwesen, Fusionen.“ Ferner heißt es: „Soweit
Verwaltungspersonal aus Einspargründen reduziert wird, ist eine entsprechende
Reduktion der Aufgaben und Vorschriften zu ermöglichen. Neben dem "Regelbetrieb" sind
dabei in Zeiten ständiger Umbrüche
entsprechende Zeitkontingente einzuplanen.“
Um dieser Situation als Rahmenbedingung Herr zu werden, ist es notwendig,
die Leistungen, die von einer Verwaltungseinheit angeboten werden sollen,
zu definieren, zu beschreiben, zu quantifizieren und schließlich zu
budgetieren.
Es ergeben sich also zunächst folgende Ablaufschritte:
1. Definition der Leistung/Leistungsumfang
2. Leistungsbeschreibung/Produktkatalog
3. Personalbedarfsermittlung
4. Budgetierung
1. Definition der Leistung
Ausgangspunkt ist der im Verhandlungswege mit dem Leitungsgremium zu ermittelnde
Leistungsumfang. Welche Aufgaben sollen von der Verwaltungseinheit erbracht
werden? Umgekehrt heisst das natürlich auch: Welche Aufgaben werden
nicht erbracht.
Neben zahlreichen durch Vorschriften vorgegebenen Pflichtaufgaben eignet
sich als typisches Beispiel einer solchen im Verhandlungsweg zu ermittelnden
Leistung die Sitzungsbegleitung. Dabei sind fokussiert folgende Fragen zu
klären:
- Ist eine persönliche und „live“ erbrachte Sitzungsbegleitung
gewünscht?
- Soll dabei nur Protokoll geführt werden, oder liegt auch ein Schwerpunkt
auf fachliche Beratung im Sitzungsverlauf?
- Soll die Sitzung gemeinsam mit dem sie begleitenden Mitarbeitenden der
Verwaltung vorbereitet/nachbereitet werden?
- Welche Verabredungen gelten für den Umfang der Ausführung der
Beschlüsse? In welchem Zeitraum?
- Ist eine umfassende Information zum Sachstand der Ausführung der
Beschlüsse in jeder Folgesitzung gewünscht?
- Gibt es ein die Presbyteriumssitzung in wesentlichen Teilen vorbereitendes
Gremium? Zum Beispiel einen Haupt- und Finanzausschuss, einen geschäftsführenden
Ausschuss o.ä.? Soll dieser ebenfalls mit begleitet werden?
- Ist eine sitzungsökonomisch sinnvolle Straffung oder Zusammenlegung
von Sitzungen und/oder Ausschüssen möglich? Zum Beispiel Bau-
und Finanzausschuss, da die Themen kaum trennbare Schnittmengen in sich
vereinen; zunehmend aber auch Kindergarten-, Personal- und Finanzfragen.
Diese Fragen werden für alle disponiblen Arbeitsbereiche nach Fachbereich
geklärt.
2. Leistungsbeschreibung/Produktkatalog
Die Ergebnisse aus 1. werden anschließend in einen Produktkatalog
gefasst
Wenn eine solche Fragestellung beantwortet ist, können die erforderlichen
Zeitkontingente kalkuliert und standardisiert werden. Zum Beispiel bei der
Sitzungsbegleitung:
- Eine gemeinsame Vorbereitung mit der Sitzungsleitung pro Monat im Umfang
von x Minuten/Stunden
- Eine Begleitung der Sitzung im Umfang von x Stunden
- Abfassung von Protokoll und Ausführung der Beschlüsse im Umfang
von x Stunden
Die Zeitkontingente können natürlich individuell festgelegt werden;
es geht stärker darum, die Leistung zu quantifizieren und dem Gremium
zu vermitteln und mit ihm verbindlich zu vereinbaren, welche Leistung zu
welchen Kosten erbringbar ist und welche nicht. Auf diese Weise kann transparent
gemacht werden, welche Leistungen in welchem Umfang und Zeitrahmen erwartet
werden können. Sollen zu einem späteren Zeitpunkt weitere Leistungen
erbracht werden oder ändern sich Aufgabenbereiche (z.B. durch veränderte
Rahmenbedingungen im Kindergartenrecht, bei Gebäudestrukturanalysen
etc) so ist als Folge natürlich der Produktkatalog zu erweitern und
zusätzlich zu finanzieren.
Es geht also nicht darum, dass die Verwaltung ihrerseits etwa vorgibt, wie
viel Begleitung ein Presbyterium bekommen soll, sondern gerade umgekehrt,
dass ein Gremium seine Anforderungen definiert, diese aber auch verbindlich
und transparent verabredet werden. Nur auf diese Weise entsteht überhaupt
Steuerbarkeit und Planbarkeit im engeren Sinne. Gremien können ihrerseits
durch selbst erarbeitete Sitzungsregelen oder eine Geschäftsordnung
dazu beitragen, dass die Sitzungsabläufe inkl. Vor- und Nachbereitung
effizient gestaltet werden. Das erleichtert ebenso zugleich die Arbeit der
Gremien- und Sitzungsleitung.
Der Produktkatalog wird als Soll-Zustand, als Regelwerk für beide Seiten
also, beschlussmäßig festgelegt und bei Bedarf angepasst.
3. Personalbedarfsermittlung
Nun kann nach erfolgter Definition durch klassische Verfahren der Personalbedarfsermittlung
kalkuliert werden, mit welchen Stellenanteilen welcher Qualifikationsstufe
die verabredeten Aufgaben erfüllt werden können. Es entsteht als
Ableitung von 1. und 2. der Stellenplan als Schlussfolgerung.
Die Personalbedarfsermittlung besteht im Kern aus einer durchschnittlichen
Relation zwischen Fallzahl und Netto-Arbeitszeit. Zur Personalbedarfsermittlung
in kirchlichen Verwaltungseinheiten gibt es vom RVM beim Vorstand anzufragende
Richtwerte. Zudem kann auf Standardkennzahlen aus dem Bereich der öffentlichen
Verwaltung in Teilen zurück gegriffen werden (z.B. gemäß KGSt – Kommunale
Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement). Die KGSt bietet in ihren
Standardgutachten auch im kirchlichen Bereich brauchbare und praxisnahe Werte
zur Ermittlung der mittleren Netto-Jahresarbeitszeit an (KGSt-Berichte).
Schließlich werden die Ergebnisse aus Fallzahl und Jahresarbeitszeit
mit Hilfe einer einfachen gängigen Formel, zum Beispiel bei der analytischen
Personalbedarfsermittlung, ins Verhältnis gesetzt und ergeben so den
Personalbedarf für den jeweiligen Aufgabenbereich:
Fallzahl x mittlere Bearbeitungszeit + persönliche Verrichtungszeit =
Personalbedarf
Netto-Jahresarbeitszeit
Natürlich gibt es auch noch Berechnungsvariationen und zahlreiche andere
Ermittlungsverfahren, die in der Literatur beschrieben werden (z.B. Steinebach,
Nikolaus, Verwaltungsbetriebslehre, Regensburg, Bonn 1998).
4. Budgetierung
Die Leistungen werden anschließend budgetiert. Das bedeutet, dass
aufgrund der abstrakten Personalbedarfsermittlung in Stellenanteilen nun
als letzter Schritt die individuellen Arbeitgeber-Bruttopersonalkosten der
konkreten Mitarbeitenden sowie alle notwendigen Sachkosten berechnet werden
und als „Zahlenseite“ des Produktkataloges aufzeigen, zu welchen
Kosten die vereinbarte Leistung erbracht wird. Zugleich kann im Rahmen einer
förmlichen Delegation die Leistungserbringung in die Verantwortung der
Verwaltungsleitung gestellt werden. Das bewirkt, dass innerhalb des Budgetplans
eigenverantwortlich die Sicherstellung der Leistung gewährleistet werden
muss, zum anderen aber auch innerhalb des budgetierten Rahmens ebenfalls
eigenverantwortlich disponiert werden kann.
Abgerundet werden sollte eine solche Konstruktion durch die schriftliche
Beschreibung von Schnittstellen, intern definierte Standards der Sachbearbeitung,
die verbindlicher Bestandteil bzw. Anlage der Dienstanweisung der Mitarbeitenden
werden sowie ein QM-Verfahren.
Die Landessynode 2007 hat diese Gedanken folgendermaßen ebenfalls
aufgegriffen (LS 2007, Drucksache 3. „Die Gestalt der presbyterial-synodalden
Ordnung in der EKiR, 3.5. Verwaltung“):
„Die Kirchenleitung wird beauftragt, der Landessynode 2010 Vorschläge
zur Sicherung einer effektiven und finanzierbaren Verwaltungsstruktur in
der Landeskirche vorzulegen, die auch die Möglichkeit der Auslagerung
von Arbeitsgebieten und Instrumente zur Gewährleistung eines vergleichbaren
Qualitätsstandards
für kirchliche Verwaltung enthalten sollen.“
Peter
Rindermann
Kirchenkreis Düsseldorf-Mettmann
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